Die 12 Burnout Phasen: Warnzeichen verstehen

Frau in einer Großstadt, die erschöpft und ausgebrannt auf einer Mauer schläft
Photo by Hernan Sanchez

Burnout schleicht sich oft unbemerkt ein - bis es zu spät ist. Die einzelnen Phasen von Burnout zu verstehen hilft, Warnzeichen zu erkennen und präventiv zu handeln.

Die 12 Burnout-Phasen nach Herbert Freudenberger und Gail North

Das 12-Phasen-Modell wurde von den Psychologen Herbert Freudenberger und Gail North entwickelt. Herbert Freudenberger war ein deutsch-amerikanischer Psychologe, der als einer der ersten das Phänomen des Burnouts in den 1970er Jahren identifizierte und beschrieb. Gail North ist eine Psychologin, die Freudenberges Arbeit später weiterentwickelte. Die 12 Phasen sind:

😌 Phase 1: Der Zwang, sich zu beweisen
💪 Phase 2: Verstärkter Einsatz
😶‍🌫️ Phase 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
🙈 Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
🤔 Phase 5: Umdeutung von Werten
🤐 Phase 6: Verstärkte Verleugnung entstehender Probleme
🏠 Phase 7: Rückzug
🤥 Phase 8: Offensichtliche Verhaltensänderungen
🫡 Phase 9: Depersonalisation
🫥 Phase 10: Innere Leere
😢 Phase 11: Depression
😵‍💫 Phase 12: Völlige Erschöpfung

Phase 1: Der Zwang, sich zu beweisen

Du spürst einen starken inneren Drang, dich selbst und anderen zu beweisen, dass du außergewöhnlich leistungsfähig bist. Dieser Ehrgeiz treibt dich an, aber er setzt dich auch unter Druck, ständig auf hohem Niveau zu performen. Ehrgeiz und Engagement sind an sich keine schlechten Eigenschaften, können aber ungesunde Formen annehmen.

Das sind Warnzeichen:

  • Du nimmst dir regelmäßig mehr vor, als du realistisch bewältigen kannst, und hast das Gefühl, nie genug zu tun.
  • Du fühlst dich unruhig oder schuldig, wenn du entspannst oder Pausen machst, weil du meinst, du könntest stattdessen etwas „Produktives“ tun.

Phase 2: Verstärkter Einsatz

Um den hohen Erwartungen gerecht zu werden, gibst du auf der Arbeit nun alles. Das bedeutet oft längere Arbeitszeiten, mehr Projekte und die Übernahme zusätzlicher Verantwortlichkeiten. Mehr Einsatz bedeutet oft mehr Resultate. Auch dieser Punkt ist also nicht unbedingt schlecht, wenn das ganze im Rahmen bleibt.

Das sind Warnzeichen:

  • Du verbringst immer mehr Zeit mit der Arbeit und vernachlässigst dabei Hobbys, Freunde und Familie.
  • Du hast das Gefühl, dass nur deine Arbeit zählt und alles andere in deinem Leben in den Hintergrund tritt.
Mehr Lebensqualität trotz Karriere
Wer Karriere machen will, muss viel arbeiten. Das trifft in vielen Fällen immer noch zu. Das heißt aber nicht, das deine Lebensqualität darunter leiden muss.

Phase 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

In dem Bestreben, immer mehr zu leisten, beginnst du, grundlegende Bedürfnisse wie Schlaf, gesunde Ernährung und soziale Kontakte zu vernachlässigen. Das zehrt langsam aber merklich an deinen Energiequellen.

Das sind Warnzeichen:

  • Du isst unregelmäßig oder greifst häufig zu Fast Food, weil du meinst, keine Zeit für gesunde Mahlzeiten zu haben.
  • Du schläfst schlecht, kürzt bewusst deine Schlafzeit oder liegst nachts wach und denkst über die Arbeit nach.
🤨
Frühe Warnzeichen: Hier helfen vor allem Anpassungen im Lebens- und Arbeitsstil. Es ist wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu finden, regelmäßige Pausen einzulegen und für ausreichend Erholung zu sorgen. Aber das reicht nicht. Wichtig ist auch, dass ein mentales Umdenken stattfindet, nämlich dahingehend, dass das eigene Wohlbefinden Priorität hat, und nicht die Arbeit.

Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen

Um maximal leistungsfähig zu sein, beginnst du, Konflikte und persönliche Bedürfnisse zu ignorieren oder zu verdrängen. Das kann sich auf deine psychische und physische Gesundheit auswirken.

Das sind Warnzeichen:

  • Du fühlst dich häufig gereizt oder ungeduldig, auch bei kleinen Problemen, und vermeidest es, über deine Gefühle zu sprechen oder nach Lösungen für persönliche Konflikte zu suchen.
  • Du nimmst Warnsignale deines Körpers, wie anhaltende Müdigkeit oder Kopfschmerzen, nicht ernst und schiebst ärztliche Untersuchungen auf, weil du keine Zeit dafür hast.

Phase 5: Umdeutung von Werten

Um mit dem anhaltenden Druck fertig zu werden, beginnst du, deine Werte neu zu ordnen. Arbeit nimmt nun die oberste Priorität ein, während andere wichtige Aspekte des Lebens wie Freizeit, Familie und Hobbys an Bedeutung verlieren.

Das sind Warnzeichen:

  • Du merkst, dass du kaum noch über Themen außerhalb der Arbeit sprechen oder nachdenken kannst und deine persönlichen Interessen und Hobbys vernachlässigst.
  • Soziale Aktivitäten und Zeit mit der Familie fühlen sich zunehmend wie eine Belastung an, da sie dich von der Arbeit „abhalten“.

➡️ Trotz Aufklärung nimmt das Phänomen Burnout leider zu. Laut Statista sind die Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von Burn-out-Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2004 bis 2022 deutlich angestiegen.

Burn-out - Arbeitsunfähigkeitsfälle in Deutschland | Statista
Wie hoch ist die Burnout Rate in Deutschland? Laut Burnout Statistik hat sich die Diagnosehäufigkeit von Burnout in den letzten Jahren drastisch erhöht.

Phase 6: Verstärkte Verleugnung entstehender Probleme

Du beginnst, die negativen Folgen deiner Überarbeitung und die Vernachlässigung deiner persönlicher Bedürfnisse zu leugnen. Gleichzeitig sinkt deine Toleranzschwelle für Stress, und du reagierst zynisch oder aggressiv.

Das sind Warnzeichen:

  • Du reagierst zunehmend gereizt auf Feedback oder Kritik bei der Arbeit und schiebst Probleme auf Umstände oder andere Personen, anstatt eigene Anteile zu sehen.
  • Dein Umgangston wird härter, und du hast wenig Geduld mit Kollegen, Freunden und Familie, was zu Konflikten führt.
😐
Zunehmende Entfremdung: Diese Phasen sind bereits kritisch. Um nicht noch weiter auf den Burnout zuzuschlittern ist es nicht nur wichtig zu erkennen, dass du etwas ändern musst, sondern du solltest bereits jetzt professionelle Hilfe in Betracht ziehen, um Schlimmeres zu vermeiden. Rechtzeitig mit einem Therapeuten oder spezialisierten Coach zu sprechen kann dir dabei helfen zu einem emotionalen Gleichgewicht zurückzufinden und langfristig gesundere Gewohnheiten anzunehmen.

Phase 7: Rückzug

Als Reaktion auf die zunehmende Frustration und das Gefühl der Überforderung ziehst du dich sozial zurück. Dies kann sich in verminderter sozialer Interaktion und einem Verlust an Motivation für bisher geschätzte Aktivitäten äußern.

Das sind Warnzeichen:

  • Du vermeidest aktiv soziale Kontakte und findest Ausreden, um nicht an Treffen oder Veranstaltungen teilnehmen zu müssen.
  • Du fühlst eine innere Leere und verlierst das Interesse an Aktivitäten, die dir früher Freude bereitet haben, was zu Isolation führen kann.

Phase 8: Offensichtliche Verhaltensänderungen

Dein Verhalten ändert sich merklich, vor allem für Menschen in deinem Umfeld. Dies kann sich in zunehmender Isolation, Aggressivität oder anderen untypischen Verhaltensweisen äußern, die nicht zu deinem früheren Selbst passen.

Das sind Warnzeichen:

  • Menschen, die dir nahestehen, beginnen, sich besorgt über Veränderungen in deinem Verhalten zu äußern, wie zum Beispiel erhöhte Reizbarkeit oder Rückzug.
  • Du bemerkst vielleicht selbst, dass du dich anders verhältst, aber fühlst dich machtlos oder siehst nicht ein, diese Verhaltensweisen zu ändern.
Das kannst du tun, wenn du dich überarbeitet fühlst
Gehst du in Arbeit unter, schläfst schlecht und nimmst deine nicht erledigten Aufgaben mit nach Hause? Dann ist es Zeit etwas zu ändern!

Phase 9: Depersonalisation

In dieser Phase beginnst du, eine zunehmende Entfremdung von dir selbst und anderen zu erleben. Du fühlst dich losgelöst und ohne Anteilnahme am Geschehen. Im Alltag funktionierst nur noch, zeigst weniger Empathie in Beziehungen und arbeitest deine Aufgaben mechanisch ab.

Das sind Warnzeichen:

  • Du behandelst Kunden oder Kollegen zunehmend unpersönlich, als wären sie nur Nummern oder Aufgaben auf einer Liste.
  • Du hast Schwierigkeiten, dich mit deinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen oder Empathie für die Probleme anderer aufzubringen.
😑
Tiefergehender Rückzug und Depersonalisation: Die Entwicklungen der Phasen 7-9 bedeuten oft einen kritischen Punkt, an dem professionelle Hilfe unerlässlich wird. Die Suche nach einem Psychologen oder einer Beratungsstelle kann entscheidende Unterstützung bieten. Es ist auch wichtig, offene Gespräche mit dem Arbeitgeber über mögliche Anpassungen der Arbeitsbelastung oder -umgebung zu führen.

Phase 10: Innere Leere

In Phase 10 des Burnouts macht sich ein Gefühl der inneren Leere breit, das oft versucht wird durch Suchtverhalten zu kompensieren, also z.B. übermäßiges Essen, Alkohol oder Medikamente.

Das sind Warnzeichen:

  • Du greifst regelmäßig zu schädlichen Substanzen oder Verhaltensweisen, die kurzfristige Erleichterung und Vergnügen versprechen, wie dauerndem Trinken, schlechtem Essen oder Online-Shopping, obwohl du weißt, dass dies nicht die Lösung ist.
  • Du erlebst häufig Gefühle der Langeweile oder Sinnlosigkeit, selbst bei Aktivitäten, die dir früher Freude bereitet haben.
Bye-bye, Burnout: Warum Slow Living der neue Lebensstil für Erfolg ist
Kennen wir das nicht alle? Der Wecker klingelt, und schon beim Aufstehen spüren wir die Last eines vollen Terminkalenders, der uns erwartet. E-Mails checken, Meetings, Deadlines, und in der Mittagspause noch schnell eine am Vortag vergessene Aufgabe erledigt. Abends in der Bahn werden dann die sozialen Kontakte gepflegt und vor

Pase 11: Depression

Diese Phase ist gekennzeichnet durch ein anhaltendes Gefühl der Traurigkeit, Leere oder Hoffnungslosigkeit. Es handelt sich um eine ernsthafte psychische Erkrankung, die weit über gewöhnliche Müdigkeit oder Motivationslosigkeit hinausgeht. Viele depressive Menschen verlieren die Freude an sämtlichen Aktivitäten, die ihnen einst Freude bereitet haben, fühlen sich zunehmend isoliert und wertlos.

Das sind Warnzeichen:

  • Du erlebst anhaltende Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und einen Mangel an Freude bei Tätigkeiten, die dir früher wichtig waren.
  • Schlafstörungen, signifikante Gewichtsveränderungen (Verlust oder Zunahme), Konzentrationsprobleme und eine allgemeine Unfähigkeit, den Tag zu bewältigen, können auftreten.

Phase 12: Völlige Erschöpfung

In der letzten Phase des Burnout-Prozesses fühlt sich der Körper sowohl physisch kraftlos als auch emotional leer an. Diese Erschöpfung ist so umfassend, dass sie ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen kann. Die Leistungsfähigkeit ist stark eingeschränkt, und es kann schwierig fallen, alltägliche Aufgaben zu bewältigen.

Das sind Warnzeichen:

  • Du fühlst dich dauerhaft müde und ausgelaugt, selbst nach ausreichend Schlaf oder Ruhephasen.
  • Es kann zu einem Gefühl der Gleichgültigkeit gegenüber deinem Beruf und anderen Lebensbereichen kommen, begleitet von körperlichen Symptomen wie häufigen Infektionen, Herzproblemen oder Magen-Darm-Beschwerden.
😶
Depression und völlige Erschöpfung: Diese späten Phasen des Burnout-Syndroms erfordern dringend professionelle Hilfe. Es handelt sich hierbei um ernsthafte Gesundheitszustände, die nicht allein durch Willenskraft oder einfache Erholungsmaßnahmen überwunden werden können. Wenn du dich in diesen Beschreibungen wiederfindest, ist es wichtig, so bald wie möglich medizinische oder therapeutische Unterstützung zu suchen. Die Anerkennung, dass du Hilfe benötigst, ist ein entscheidender erster Schritt zur Besserung und Wiederherstellung deiner Gesundheit und Lebensfreude. Es ist oft notwendig, eine Auszeit von der Arbeit zu nehmen, um sich vollständig auf die Genesung zu konzentrieren.

Fazit

Das 12-Phasen-Modell zeigt, dass Ehrgeiz und Einsatz, wenn sie ungesunde Formen annehmen schnell in Burnout umschlagen können. Und wer erst einmal davon betroffen ist, kommt ohne professionelle Hilfe nur schwer wieder aus der Krankheit heraus. Umso wichtiger ist es das Krankheitsbild Burnout zu verstehen und ihm rechtzeitig vorzubeugen, sei es in Bezug auf dich selbst oder um anderen zu helfen. Jeder erlebt in stressigen Zeiten Anzeichen von Erschöpfung, doch nur durch frühzeitige Erkennung und Bekämpfung von Warnzeichen kannst du langfristig leistungsfähig bleiben.


Wichtiger Hinweis: Bitte beachte, dass die Inhalte dieses Artikels und unseres Blogs allgemeine Informationen zum Thema Burnout und Resilienz darstellen und ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken dienen. Sie ersetzen nicht die professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung durch qualifizierte Gesundheitsdienstleister. Wenn du dich in einer Krise befindest, psychische Probleme hast oder vermutest, dass du unter einem Burnout-Syndrom oder einer anderen psychischen Störung leidest, empfehlen wir dir dringend, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In Notfällen wende dich bitte unverzüglich an die entsprechenden Notdienste oder suche eine medizinische Einrichtung auf. Die Nutzung der Informationen auf unserer Website erfolgt auf eigenes Risiko. Weder der Betreiber des Blogs noch die Autoren übernehmen Verantwortung für mögliche Konsequenzen, die aus der Anwendung der hier dargestellten Inhalte ohne vorherige Konsultation eines Facharztes oder Psychologen entstehen.

Read more